Der Park ist überlaufen. Der lohnt sich nicht. Der ist super. Massen werden in Booten angekarrt. Es gibt alle 2 Meter was zu essen. Man muss Strafe zahlen, wenn man läuft, statt sich fahren zu lassen.
Was haben wir nicht alles gehört.

Obwohl soviel darüber geschrieben wurde, ist es ziemlich kompliziert, die wichtigen Infos zusammenzusuchen, besonders wenn man special needs hat und sich nicht mehr für 20 und unsterblich hält.
Alles was wir nun als Infos erfahren haben stellen wir deshalb in einem Post zusammen.

Tag 1 – Zur Playa Brava


Wir wussten, dass es 2 Eingänge gibt. Es waren früher sogar mal 3, aber das spielt hier keine Rolle mehr.
Von Santa Marta aus der erste Eingang Calabazo (an beiden hält der Bus) ist der ruhigere und einfachere. Aber man muss hier viel viel weiter laufen und ein Tagestripp ist fast unmöglich. (Warum dieser Eingang der einfachere ist: Zum einen gibt es nicht eine Wartezeit von 2 Stunden, es muss kein Video angeschaut werden, es gibt keine Massen die rein möchten und sie sind freundlicher).


Trotz meiner Problemchen, dass ich normalerweise Strom brauche zum Schlafen, weil ich ein Cpap Gerät zum Schlafen brauche, um nicht zu ersticken, dass ich auf den Zucker achten muss, dass ich etliche Entzündungen und Schmerzen im Körper habe, wegen denen ich eigentlich solche Touren nicht machen sollte, mal ganz abgesehen von meinem neuen fancy Herzproblem, das mitten im Dschungel auch nicht so cool wäre, habe ich keine Lust mich all diesen Dingen zu beugen und „nicht“ zu machen.
Also raffe ich all meinen Mut zusammen. Wir schlafen in der Hängematte, wie alle anderen auch. Hab ja 20 kg seit August abgenommen, da muss doch auch was leichter sein damit.
Unser Plan: 2 Stunden steil bergauf, dann 2 Stunden steil bergab. Dort übernachten.
Leider ist man da schon recht früh, aber die nächste Etappe wäre einfach zu weit.

Dann am nächsten Tag die 2 Stunden zurück, den Berg wieder komplett hinauf und dann 6 km wieder schräg hinunter. Ab dort gibt es mehrere Strände, ab dort sind dann die Massen. Dann sind es noch 4 km bis zum Bus, der einen die 4 km zum anderen Ausgang bringt. Dann nur noch ein weiterer Bus, dann die 1,6 km durch den Wald zur Unterkunft und nach 23 km sind wir da. Das bitte alles vor 17 Uhr. Das wird supi.

Wir machen uns also auf den Weg unseren ersten Tagesplan umzusetzen. Wir zahlen alle 4 Gebühren: Eintritt, Versicherung, Fussgängergebühr und Übernachtung, kriegen Papierarmbänder und dann wollen wir los. Man möchte uns unbedingt den überteuerten Transport mit Motorrädern verkaufen. Man droht uns mit dem Regen von gestern (der nicht kommt) und dass es nichts zu sehen gäbe auf dem Weg.

Sie verstehen nicht, warum wir uns den Anstieg antun wollen, wo sich doch die ganzen jungen Backpacker hochfahren lassen, wir verstehen nicht, warum wir in einen Nationalpark wandern wollen, wenn wir dann mit dem Motorrad schnell ans Ziel gebracht werden sollen (also die ersten 2h, die zweiten müssen alle laufen).

Und wir behalten recht. Während an uns ununterbrochen hauptsächlich junge sportliche Frauen in den frühen 20ern mit knatternden Motorrädern den holprigen und sehr steilen Pfad hinauf gebracht werden, sehen wir durch die Wasserfälle, die von unserern Augen stürzen bereits nach den ersten paar Metern einen Tucan. Auf dem Weg nach oben kommt uns tatsächlich sogar ein Geländewagen entgegen, obwohl wir sicher sind, dass der hier gar nicht durchpasst.


Aber damit nicht genug. Sogar runter lassen sich westliche Backpacker (inklusive Backpack) auf Pferden hinunterführen. Auch alles kleine Mädchen. Wie faul kann man eigentlich sein?

Hier kämpfen sich 2 Menschen mit heftigsten Schmerzen in allen Gelenken den Berg hinauf und diese „also-ich-hab-nur-20-minuten-hoch-gebraucht-kinder“ lassen sich ernsthaft aufkosten der armen Viecher oder für sehr viel Geld den Berg hinauf oder runter schleppen, während wir eine Strafgebühr zahlen müssen, weil wir Stammesland durchqueren.


Vor und hinter uns laufen ausserdem auch hauptsächlich ältere Menschen. Und um dem Gerücht vorzugreifen: Auch Kolumbianer.
Wir bleiben immer wieder stehen. Nicht um Interesse an der Natur vorzugaukeln und in Wirklichkeit dem Herzen Zeit zu geben, sich zu erinnern, dass wir auf keiner Tecnoparty sind, sondern weil wir wirklich neugierig sind. Es sind gar nicht die großen Dinge. Es sind die Blattschneiderameisen, das Bienennest, die Blume dort oder diese krassen Pilze. Dieses Klickgeräusch, das klingt wie die Kinder in Bali, wenn sie mit den Klackerkugeln spielen, was aber in Wirklichkeit aus diesem winzigen Vogel kommt. Wow, siehst du diesen Baum. Siehst du wie weit das runter geht? Krass, schau mal die Aussicht. Ute! Eine Katze!


Und als wir fast ganz oben sind und bei den ersten „noch normalen“ kleinen Häusern der Indigenen ankommen und ein Schild sehen, das mit frischem Orangensaft wirbt und es dort tatsächlich gekühltes Wasser gibt, fühlt sich das einfach unglaublich an. Das können Menschen, die 300 Meter weiter mit dem Motorrad abgesetzt werden halt nicht fühlen.


Hier oben sehen wir zum ersten mal die Hütten der Indigenen. Die Kleidung. Immer diese naturfarbenen Leinenstoffe. Das sind wirkliche Indigene mit echter Kleidung, Nicht wie in Asien, wo man die Indigenen eigentlich nicht unterscheiden kann, von den anderen, wenn sie in ihrer Hütte vorm Fernseher sitzen.


Ab diesem Punkt endet der ca 1,5 Meter breite Pfad, auf dem noch Motorräder fahren konnten und es geht ab jetzt auf einem kleinem Pfad steil bergab. Steine formen Stufen, die teils kniehoch und höher sind. 3 sehr junge KolumbianerInnen kommen uns entgegen. Schweißnass und ich schaue in unsere Zukunft während sie nach Luft japsen und ihr Zelt den Berg hinauf wuchten. Wobei die, die gar nichts trägt am lautesten jammert.

Es geht nun lange, sehr lange nach unten und wir müssen 6 mal durch einen Fluss bevor wir in einem Wasserfall mit vielen großen Findlingen, der sich stufenweise nach unten arbeitet, unsere Füße kühlen.
Der Körper nimmt diese Kühlungshilfe dankbar an und nach einer halben Stunde geht es weiter. Immer weiter. Ich finde insgesamt 3 Hufeisen von armen Tieren, die sich hier herunter und hinaufquälen müssen. Man sieht die Kratzspuren, wo die Tiere auf den extrem steilen Felsen weggerutscht sind.


Die Brüllaffen werden langsam leiser stattdessen hören wir irgendwann diesen typischen Lärm, der entweder eine Autobahn oder das Meer ankündigt. Viel Unterschied gibt es da geräuschlich nicht. Wenn wir nicht völlig vom Weg abgekommen sind, sollte dass das Meer sein und nach weiteren 10 Minuten sehen wir es auch.



Wow. Aber: Man sind wir noch hoch oben. Verdammt. Mir tut jetzt schon alles weh. Und von hinten hört man jetzt immer mehr Stimmen. Alles Deutsche. Wir müssen doch irgendwo falsch abgebogen sein.

Da unter dem Dach, wo die Hängematten hängen nicht viel Platz ist, entwickeln wir den Ehrgeiz niemanden überholen zu lassen und als erste unten anzukommen.

Der Ehrgeiz war nicht falsch, denn die beiden, die uns überholt haben bekommen die beiden letzte Matten in dem erträglichen Shelter.

Wir dagegen können zwar eine Hängematte aussuchen, da in unserem noch niemand anderes ist, aber erstens sind die meisten Netze zerissen und zweitens wird an das Gebäude, an dem vorne das Schild „maximal 10 Hängematten“ hängt insgesamt soviele zusätzliche Hängematten befestigt, dass am Ende 27 Menschen dort schlafen. So dicht, dass ich Utes Körper in meiner Hängematte liegen habe, weil sie von den Brüsten der nackten Frau eine Matte neben ihr, zu mir herüber gedrückt wird. Na wenn das nicht toll ist. Dafür werden 10 Euro fällig. Es ist stickig heiß, kein Windzug bewegt sich und wären nicht die Moskitos, dann hätte ich lieber am Strand geschlafen, wie es nun einige machen.

Essen gibt es nicht. Da sind Kolumbianer sehr deutsch. Es gibt essen bis 14 Uhr. Dann wieder ab 18.30 Uhr. Wir haben aber leider vorher Hängematten ausgesucht. Also ausgesucht, wessen Brüste heute in meinem Gesicht hängen sollen.
Deshalb waren wir also die ersten.
Wer jetzt erst ankommt bekommt nix mehr zu essen. Ist eh unglaublich teuer, da könnte ich in einem deutschen Restaurant günstiger essen.
Aber da wir den ganzen Tag nur trockene Brötchen essen, und wir so viel geschwitzt haben, dass wir das Gefühl haben, dass uns Mineralien fehlen, melden wir uns zum Abendessen an.


Wir versuchen den Tag zu verbringen. Wir sind wirklich nicht so die Strandmenschen und da man hier nicht ins Wasser kann, weil die Brandung zu stark ist und schon 200 Menschen ertrunken sind, hole ich meine Reisehängematte raus und versuche nicht an das zu denken, was uns morgen bevorsteht.


Als es dunkel wird schleichen wir um die Küche, kriegen als erste den Napf gefüllt ähh das Essen serviert und versuchen heute sehr sehr früh schlafen zu gehen. Die Engländer neben uns versuchen mit Handtüchern die wenigen Plastikstühle für morgen zu reservieren. Wie klischeehaft kann man eigentlich sein. Sie sind ausserdem im Buisnesshemd hierher gewandert…

Endlich wird es dunkel, wir halten uns bis ca 21 Uhr wach und dann geht das Schlafgerangel los, bis wir um 5 Uhr leise unsere Sachen packen, die tatsächlich noch da sind.
Dann machen wir einen entscheidenen Fehler, für den ich mich heute noch ärgere und der uns beinahe die Gesundheit kostet als wir am nächsten Tag uns an den Aufstieg machen…