Der Felsen von Penol.
Dieser Stein, angeblich der drittgrößte der Welt, was ich zu bezweifeln wage, ist heute unser Ziel.

Statt mit den inzwischen überteuerten Tuktuks, die allerdings schön bunt sind, fahren wir mit dem Überlandbus und springen am Felsen ab.

Es sind 705 Schritte hinauf. Aber irgendwer hat die 200-300 Stufen vergessen zu zählen, die von der Bushaltestelle bis hinauf zum Parkplatz führen.

Durch eine kleine Stadt von Restaurants und Souvenirständen, die den Blick auf den Stein verstellen, bewegen wir uns mit den Massen auf den Stein zu. 25.000 kostet der Eintritt. Die verdienen gut bei den Massen.


Dafür gibt es Toiletten und Sanitäter auf dem Weg und alle 50 Stufen eine Motivationszahl auf dem Boden. Aber auch die herabsteigenden Kolumbianer sind großartig wenn es um Motivation geht.


Für uns sind die Stufen zwar schweißtreibend aber nicht so schlimm. Haben schon anderes hinter uns. Alt und jung laufen und stehen im Gänsemarsch. Weil es so langsam voran geht, kann man gar nicht richtig erschöpft sein. Außerdem teilen sich alle Leidensgenossen je nach Bedarf die kleinen schattigen Nischen auf dem Weg nach oben. Es herrscht eine freundliche Stimmung.

Während sie im Verkehr gar nicht genug drängeln können sind hier alle sehr entspannt. Zum Glück führt die Treppe nach unten einzeln und verschlungen, um unsere, durch die Felsspalte hinab. Es kommt also niemand entgegen, es sei denn jemand gibt auf.


Motivierend sind ausserdem die vielen jungen atemlosen Menschen, demotivierend sind die Backpacker, die mit vollem Gepäck hinauf steigen. Oben angekommen sieht man leider nichts von dem Stein. Wir sind auf einer Betonplattform mit Souvenirläden. Wie sollte es auch anders sein. Den gleichen Kram wie unten gibt s auch hier oben. Aber der Ausblick ist klasse. Von hier oben sieht man noch deutlicher, wie groß das Gebiet ist, das hier in den 70ern im See versank.


Als wir wieder unten sind, was aufgrund des Staus viel länger dauerte, und wir in den Bus zurück steigen, fällt uns ein bekanntes Gesicht in die Arme. Unsere Bekanntschaft von der Wanderung am Berg in Medellin steht uns gegenüber und fragt, ob sie hier raus muss. Nein, du musst noch 5 km weiter. Witzig.

Zurück im Ort geht es wieder in unser Lieblingscafé dann gibt es ein Menu del Dia und danach schlendern wir noch einmal am Wasser entlang.

Aus dem Spaziergang an der Promenade wird eine kleine Bootstour. Unser Boot legt aber einfach nicht ab, weil das Boot zu groß ist für so wenig Leute. Wir versuchen ein anderes zu finden.


In einer kleinen Nussschale, die zu klein ist für so viele Leute, fahren wir hinaus auf den See. Als erstes fällt auf, dass die Ufer überall abbrechen, weil alle Boote – wie unseres – über die Seen rasen und dabei starke Wellen verursachen. Ganze Häuser und Bäume stürzen überall ins Wasser. Nicht mein Problem. „Aber eures“, denke ich. Die Leute, die am See leben, sind aber reich genug, denke ich, um Geschwindigkeitsbegrenzungen, die es durchaus gibt, durchzusetzen.


Wir fahren an Pablo Escobars zerbombter Villa vorbei, sehen Villen von Fussballstars und am Ende kommen wir an dem Kreuz auf dem See an, von dem ich im Deutschlandfunk gelesen hatte. Hier versank das alte Dorf Penol innerhalb von 10 Jahren in den Fluten.


Die Bewohner bekamen praktisch nichts und zogen in die Elendsviertel der Großstädte. Schlimmer noch: 30 alte Menschen ließ man einfach zurück und diese starben in ihren Häusern. Das schien niemanden so zu interessieren, wie die Gebeine der Toten, die nach Demonstrationen dann doch umgebettet wurden.

Nur ein Haus steht auch heute noch. Es lag weit oben. Durch die Wellen wird es auch nicht mehr lange dort stehen, aber sein Besitzer starb eh noch bevor der Stausee gefüllt war. Glaubt man den Geschichten, war der Arzt, der sich weigerte den hipokratischen Eid abzulegen, ein Halodri und hatte nicht nur seine 6 sondern 36 Kinder im Dorf. Aus diesem Grund wurde er dann auch umgelegt. Wie man das hier so macht. Hat er das Elend auf jeden Fall nicht mehr mitbekommen.



Man spricht ungern über das alles. Man freut sich über den See. Überall liegen Boote, fahren Jetskis. Aber die Vergangenheit gehört nun einmal auch dazu.
Am Ende retten wir (also unser Kapitän) noch ein paar Touristen, die nicht wissen wie sie ihr Boot bedienen sollen und dann geht s nachhause. Letzter Abend im Kaffee mit Käsekuchen und Fussballspiel vor dem Balkon.