Unter Geiern

Die Via Verdes (Grüne Gleise) in Spanien sind eine besonders schöne Idee. Stillgelegte Bahntrassen sind in Fahrrad- und Wanderwege verwandelt worden. Oft mit vielen Quellen, Picknickplätzen und Sehenswürdigkeiten gespickt und abseits von Straßen. Dazu kommt, dass ein Zug für gewöhnlich nicht viele Höhenmeter auf einmal erklimmen kann, so dass du auch als Radfahrer keine Angst davor haben musst, die Strecke nicht zu schaffen.
So lassen sich gemütliche Radtouren in beliebiger Länge erradeln oder erwandern. Wobei man nicht selten durch dutzende Tunnel und über alte Viadukte (Brücken) läuft oder fährt und man stolz in die alten Bahnhöfe einläuft, die heute meistens Restaurants beherbegen und besonders ausgiebige Picknickplätze anbieten und am Wochenende vereinzelt auch Helfer, die dir bei Problemen zur Seite stehen.

Heute geht es um die Via Verde Sierra. Wir sind die Strecke in zwei Teilen gefahren, indem wir in der Mitte in Coripe gestartet sind und den ersten Tag aufwärts nach Olvera und den nächsten Tag abwärts nach Puerto Serrano gefahren sind und dabei die ganze Zeit von hunderten Geiern begleitet wurden.

Das Reservart der Geier. Ein wetsichtbarer Fels mit tiefer Schlucht

Die Via Verde Sierra unterscheidet sich von der Via Verde Aceite in erste Linie durch den Belag, der durchgängig eine Art Split ist und der Weg ist eher ein Feld- als ein Fahrradweg. Das bedeutet anders als bei der V.V. Aceite, dass die hier durchaus auch mal Autos entgegen kommen, Auf unserem Rückweg von Olvera immerhin 12 Stück. Weil die Strecke sich auch durch einen Unmenge von Tunneln von der anderen Strecke unterscheidet, ist eine Begegnung mit einem Auto im Tunnel besonders unangenehm. Nicht wegen der Enge, sondern wegen des immensen Abgasgestanks, den du für die nächsten 500 Meter einatmest. Die Tunnel führen ausserdem zu ganz schön extremen Temperaturuntersschieden, so dass wir mit Fug und Recht behaupten können, dass wir den Grund für unsere Erklältung nach dem heißen Tag und dem 1 km langen Tunnel hinter Coripe eindeutig identifizieren können. Mit einem Temperatursturz wie in einer Grotte und das für 1km. Sei darauf vorbereitet.
Die Tunnel sind ausserdem, wenn nötig, beleuchtet. Auch die Menge der Rastplätze ist viel geringer als bei der V.V Aceite. Dafür bietet die Strecke mit ihren Geiern und dem Reservat ein besonderes Highlite und die Helfer an der Strecke sind besonders aktiv.

Die Via Verde Sierra ist auch sehr schön. Anders als die andere. Eigentlich nicht zu vergleichen.

Eine weitere Via Verde, die wir vor 2 Wochen gefahren sind und ebenso schön ist ist die Via Verde Aceite nördlich von Malaga.
Den Bericht findest du hier

30 bis zu einem Kilometer lange Tunnel. Teils beleuchtet.

Coripe – Olvera (21 km bergauf)

Den ersten Tag fuhren wir aufwärts nach Olvera. Die Steigung ist wie gesagt nicht so stark, als dass es unheimlich ins Gewicht fällt. Dennoch kann man sich halt auch nicht rollen lassen.
Da wir am Bahnhof übernachtet haben, fiel uns bereits beim Ankommen im Dunkeln auf, dass Autos im Tunnel standen. Hier fahren also auch Autos auf der Strecke. Selten, aber es kommt vor. Da wir uns vorher nicht informiert haben, was wir absichtlich nicht tun, waren wir einfach nur begeistert, als wir an dem Naturschtzgebiet und damit dem Bahnhof Zaframagón ankamen und die 400 Gänsegeier am Himmel kreisend erspähten. Ab diesem Moment wurden wir für die nächsten 2 Wochen täglich von Gänsegeiern begleitet, die wir zuvor nie als solche wahrgenommen hatten. Hier aber waren sie aussergewöhnlich zahlreich und schön. Der alte Bahnhof Zaframagón mit seinem Picknickplatz und Ausstellung ist ein angenehmer Stopp mit Blick auf das beeindruckende Bergmassiv mit seinen hunderten Geiern (die wir zuerst für Adler gehalten hatten) Auch Otter soll es hier geben. Die weitere Fahrt, durch Farmen und viele, viele Tunnel war zwar ermüdend, weil der angepriesene Rastplatz viel weiter entfernt war, als auf dem Schild bei Zaframagón beschrieben stand, aber als wir endlich am verlassenen Bahnhof Navalagrulla zur Rast halt machten, waren wir doch durch einen nette, abgelegene Landschaft geradelt. Dennoch freuten wir uns schon auf den Rückweg. Als allerdings 3km vor Olvera an einem der zwei gesperrten Tunnel mit kurzem Umweg mein Reifen platzte, waren die Befürchtungen groß, dass aus der schönen Abfahrt nichts würde.

Der Fluss ist nur an wenigen Stücken zu sehen, dort aber in sehr schönen Farben


Ich schob also mein Rad die letzten 3km bis Olvera in der Hoffnung, dort die viel gepriesenen Freiwilligen zu treffen und tatsächlich erbarmte sich ein junger Spanier mit einer grünen Via Verde Weste und brachte uns Werkzeug und Flickzeug und nach einer halben Stunde waren wir fit für den Rückweg.
Der ging dafür auch extrem schnell, denn auch wenn der Weg hoch wegen der Hitze mühsam war, erschien er gar nicht so ansteigend, wie er jetzt beim runterfahren hinab ging. Wir waren unglaublich schnell wieder beim verlassenen Bahnhof. Leider hatte ich mein Rad schief eingebaut, so dass ich praktisch 21 km mit angezogenen Bremsen fuhr, so dass Ute ab dem Bahnhof Zaframagón und seinen Geiern alleine weiter fuhr, weil wir viel zu lange unterwegs waren und die Kühlbox ausgeschalet werden musste (Solar – Batterieprobleme). Ich legte mich erschöpft auf einen Bank. Niemand mehr hier, nur ein Fuchs untersuchte die leeren Picknicktische und die Geier kreisten über mir. Ich lag da, schaute erschöpft in den Himmel. Es wurden immer mehr. Bis mir klar wurde: Du musst dich bewegen. Die denken du bist evtl tot. Also fuhr das Abendbrot nun doch den Berg hinab mit vielen Stopps wegen des schleifenden Hinterrades aber auch vielen schönen Begegnungen mit tausenden bimmelnden Schafen aber nun auch vielen Autos von Bauern, Schafhirten und Jugendlichen.

Kurz vor Sonnenuntergang kam ich wieder an und wir machten noch einen kleinen Ausflug zur riesgigen Area Recreativa in einem Tal 1km entfernt, wo Unmengen an Campern weit verteilt im Tal standen und eine berühmte 200 Jahre alte riesige Steineiche das Zentrum bildet.
Wir zogen also diese Nacht ebenfalls in dieses Tal um, um von hier aus morgen den Weg hinab zu fahren. Inzwischen mit repariertem Hinterrad.
Apropos Hilfe: Für die Pannenhilfe wollte der nette Assistent nichts haben und auch Trinkgeld wollte er nicht annehmen. Als ich ihm sagte, er solle für die läppischen 5 Euro einen Kaffe für sich und seine Kollegen kaufen, strahlten seine Augen und er ging sofort 3 Kaffee holen. So ist das anscheinend für beide Seiten annehmbar. Wir waren sehr dankbar.


Coripe – Puerto Serrano (15 km bergab)

Der Weg hinab ab Coripe beginnt mit einem 1km langem Tunnel. Um 11 Uhr war das Temperaturgefälle gigantisch. Ca 30 Grad auf weit unter 10 Grad. Der kalte Luftzug begrüßte uns lange zuvor und selbst auf dem Rad war die Tour so lange, dass wir furchtbar froren. Die weitere Strecke enttäuscht, was ihre Rastmöglichkeiten betrifft enorm, allerdings ist dafür die Landschaft entlang der beiden Flüsse schön. Es fehlt auch hier meistens an Schatten. Gefährlich wird es ca 3-4 km vorm Ziel, wo schon seit längerem ein Tunnel geschlossen ist und nun eine Straße den Berg hinunter und um eine steile Kurve führt und dich danach wahrscheinlich zum Berghochschieben zwingt. Hier gibt es viele schwere Unfälle, von Menschen, die die Kurve unterschätzen und wir wurde später noch einmal vor dieser Kurve vom Streckenassistenten gewarnt.

Estación Puerto Serrano


In der Estacion angekommen befindet sich ein recht günstiges Restaurant und hier wurden wir zum ersten mal von einem Streckenassistenten begrüßt, der einwandfrei und gerne Englisch sprach, der uns fragte, ob alles ok war auf der Strecke und der uns bei der Abfahrt auf die Kurve hinwies und uns sagte, dass wenn wir eine Panne hätten, die Nummer auf dem Flyer anrufen könnten und sie würden zu uns kommen und uns helfen. Einen Tag zu spät, wir hatten nicht angerufen, weil wir sicher waren, dass hier niemand Englisch spricht, wie unsere Erfahrung in Olvera auch bestätigte.

Die Fahrt zurück ging dann wieder aufwärts, kam uns wegen der kühleren Temperaturen aber gar nicht so lang vor die der Weg hinab. Auch hier konnten wir wieder riesige Schafherden beobachen, die die Natur ratzekahl fraßen. Nebeneffekt, wenn etwas zu viel ist. Doch auch der Fluss lag wunderschön in seinem Bett, besonders um das Retreat herum.

Wir kamen glücklich wieder aus dem 1km Tunnel und dem ansehnlichen Viadukt dahiner zu unserem Rastplatz und dem uraltem Baum zurück.

Landschaft kurz vor Puerto Serrano

Die 200 Jahre alte Steineiche

Wenn du an der Station von Coripe bergab Richtung Puerto Serrano fährst und direkt am Viadadukt vor dem 1km Tunnel links abbiegst, kommst du nach 900 Metern auf den riesigen Picknickplatz, in dessen Mitte diese beeindruckende Steineiche steht, die auf jeden Fall einen Abstecher wert ist. Auch ein Picknick an dieser Stelle ist sicher einer der schöneren Rastplätze.

30 Meter Durchmesser, 12 Meter hoch. 200 Jahre alte Steineiche

Infos:

Rücktranport:
Ist eigentlich nicht nötig. Wenn doch: Es gibt Taxis mit großen Fahrradanhängern, die dich an deinen Wunschort fahren, den Preis gibt der Blogger Jürgen, durch den wir überhaupt erst von dieser Strecke erfahren haben mit ca 45Euro an. Aber besser man fragt mal nach.
Mehr Infos dazu gibt auch auf der Infoseite der Via Verde Sierra

Übernachten mit dem Van:
Offiziell gibt es einen Stellplatz direkt am Bahnof Olvera in 2 Preiskategorien, je nach Bedarf und Platz. Wengie Plätze. Auch Zimmer in Wagons sind zu mieten vorhanden.
In Olvera selbst waren wir auch ein paar Tage auf dem Campingplatz Pueblo Blanco, der in der Nebensaison fast leer war und zu dem Zeitpunkt funktional in Ordnung war.
In Coripe kann man inoffiziell auf der Area Recreativa stehen. Es sollte nicht so sehr überhand nehmen, dass es in richtiges Campen ausartet, auch wenn sich der Platz dazu geradezu anbietet. Wir haben hier – entgegen unserern eigenen Regeln – mehre Tage gestanden, waren aber dazwischen ab und zu eine Nacht weg.
Am Bahnhof Coripe haben wir auch gestanden, es gab aber auch angeblich schon Ärger mit dem Gasthaus.

Riesiger Picknickplatz (Area Recreativa) nähe der Estación Coripe


Hilfe auf der Strecke:
Wie oben beschrieben gibt es zumindestens zu den Stoßzeiten (Wochenende und Sommer) auf der Strecke Assistenten. Freiwillige, die als Hilfe zur Verfügung stehen und die man (wahrscheinlich auf Spanisch) anrufen kann und die sich dann mit einem Flickzeug und Werkzeug auf den Weg zu euch machen. Telefon PATRULLA VERDE+34638 280 184

Essen, Toiletten, Wasser
Gibts am Bahnhof Olvera, Puerto Serrano, Coripe und beim Naturschutzgebiet der Station Zaframagón . Bei den ersten drei gibts auch Frischwasser. Überall gibts Toiletten

Webseite (auch deutsch) der Via Verde Sierra mit Plan und allen Infos zu Strecke, Taxis, Übernachtungen usw