Wir fahren nach Tokyo und da in Japan an jeder Metro und jedem sonst erdenklichen Ort günstige Schließfächer sind, können wir unser Gepäck erstmal einschließen, obwohl Koreaner mit ihren Riesenkoffern, (in denen sie meiner Überzeugung nach mindestens jeweils einen Ersatzkoreaner transportieren,) bereits fast alle Fächer belegt hatten. Unsere Unterkunft liegt weit draußen hinter Tokyo und der Checkin ist wieder sehr spät. Wir wollen die Zeit nutzen und kurz mal den Park um die Burg anschauen. Ham wir gedacht.


Als ich mich noch lustig machte, über die eine Frau, deren Aufgabe ein Schild und Megaphon war, mit dem sie den Joggern und Radfahrern eine Alternativroute nahelegte, wusste ich noch nicht was uns erwartet. Wir wurden, angekommen an der Brücke zum Park, nach links weggeleitet. (Heute wissen wir, wir hätten Kilometer sparen können, wären wir dennoch rechts gelaufen).
Nach einem ewigen Fußmarsch, begleitet von hunderten Polizisten, teils auf Dächern von Autos auf Hebebühnen stehend und Durchsagen machend, die unter die Kategorie „ganz nett aber vollkommen drüber“ fielen, gingen wir an Gefängnisbussen vorbei entlang riesiger (fast leerer) Anstellreihen, die uns über enorme Flächen führten. Dann Gesundheitskontrolle, dann Taschenkontrolle, dann mit Mikrophon ins Ohr „Weiter gehen, nicht stehen bleiben, wer auf Toilette will, rechts austreten und beim Officer melden“. Ein Aufgebot an Manpower, wie ich es noch nie gesehen habe und – ich entschuldige mich für den Vergleich – aber so muss es sich angefühlt haben, wenn man in Deportationslager abgeführt wird. Je mehr Checkpoints und mehr Mikrophone, mehr Männer mit Waffen und immer mehr und mehr wurde uns langsam mulmig. Hat es einen Anschlag gegeben? Wurde gewarnt? Müssen wir etwas wissen? Leider sind alle nett – die mit den großen Wummen – können aber kein Englisch.

Dann plötzlich am Rand, direkt nach dem Infozelt, wo wir unsere Sachen wieder finden, die wir verlieren könnten (Was haben die mit uns vor?!?), standen 6 Personen entlang der Absperrung. Je zwei trugen ein Schild mit einer Sprache. Wir nehmen Englisch und ernten erstaunte Blicke, als wir fragen, was passiert ist und warum so ein Polizeiaufgebot. Das ist vollkommen normal. Die Aufgabe der Personen ist es uns Pläne zu zeigen. Wozu?
NUR EINMAL IM JAHR wird der vollkommen gerade Weg, in einem Teil des Parks, in dem die Eingänge (Stahltore) zu den Regierungsgrundstücken führen, für die Öffentlichkeit geöffnet um die blühenden Kirschen zu sehen. (Sind kaum welche da gewesen/ Infos brauchte man keine, da der Weg nur 400 Meter geradeaus geht/Gefahr besteht keine, da riesige Tore die Grundstücke abschirmen, ausserdem mindesten 300 Menschen mit Mikrophonen, die unentwegt neben dem Weg Infos in dein Ohr brüllen.
Wir sind also irrtümlich in dieses Ereignis geleitet worden. Ein wenig frage ich mich, was die Gefängnisbusse bedeuten und ob die japanische Regierung evtl ein wenig autokratisch auftritt, sollte irgendwer an falscher Stelle seine Meinung äußern? Das Gefühl hatten wir hier häufig. So wenigstens stelle ich mir eher Nordkorea vor. Aber was weiß ich schon.
Wir beeilen uns hinten aus dem 400 Metern Weg herauszukommen , 400 Meter, die wir uns in einem kilometerlangem Marsch erkämpft haben und für den wir so viele Untersuchungen über uns haben ergehen lassen, dass wir jetzt sicher sein können weder schwanger zu sein, Krebs zu haben oder einer außerirdischen Intelligenz anzugehören.

Hinten raus geht es dann nämlich raus zu dem Park, in den wir eigentlich wollten. Genau genommen zwei Parks.
Aber natürlich gibt es auch beim Ausgang ein Großaufgebot. Alleine das Lost and Found Zelt mit seinen bestimmt 20 Mitarbeitern, wirft Fragen auf. Wieviel kann man schon verlieren auf den paar Metern, um eine solche Unmenge an Menschen zu beschäftigen. Und da sind die anderen 10 Zelte zu anderen Themen noch gar nicht mitgezählt.

Dort am Fluss, wo die Kirschblüten blühen. Und wo noch viel mehr Menschen mit Mikrophonen, Schildern, rot leuchtenden Stöcken und blinkenden Westen, jeden noch so kleinen Schritt vorschreiben. Informationen gibt es in Japan fast nie als Schild. Das Schild ist immer ein Mensch, mit einem Schild in der Hand und einem Mikrophon, womit er oder ein Band das beschilderte noch einmal wiederholt. Und es gibt viel zu beschildern auf ein paar Metern. Richtungen, Verbote, Gebote, Empfehlungen. Wäre nicht so schlimm, wenn einige der Schilder nicht weit im Rentenalter wären und man ihnen die Schmerzen ansieht, die sie haben, während sie versuchen, das Schild über Stunden zu halten, das genauso von einem Metallrohr in einem Ständer gehalten werden könnte. Was für unnötige Schmerzen, wir hier immer wieder zu dem Thema gesehen haben.

Die alte Tokyo Burg


Die Burg ist lange abgebrannt, aber die Mauern aus gewaltigen Steinen stehen noch und im Park gibt es ein paar schöne Ecken. Auch wenn für uns heute die schönsten Ecken aus Bänken bestehen, nachdem wir so viele unsinnige Kilometer laufen mussten.

Auch haben wir bisher noch nie so eine gute Übersicht, über verschiedene Bambusarten bekommen und der Blick über die alten Häuser und den Wolkenkratzern im Hintergrund ist ein toller Kontrast.