Südlich von Russe, ganz im Norden Bulgariens, hat ein Wild meandrierender Fluss dereinst die gesamte Gegend in Canyons verwandelt. Einige Millionen Jährchen später wurden hier überall Felsenkirchen gegründet, die in den Hängen hängen. Eine ist heute noch begehbar und während ich auf den enormen Riss starre, der mit Sicherheit die eine Hälfte der Kirche demnächst in den Abgrund reißen wird, erzählt der Führer voller Stolz, dass hier bereits 150 Jahre vor DaVinci jemand das Abendmahl an die Decke gepinselt hat und dass der Eingang damals über den heutigen Balkon ging. Warum auch einfach, wenn s auch mit Seilwinden geht?


Hier treffen wir zum ersten Mal in Bulgarien auf deutsche und das Kennzeichen des Campers zeigt, es sind Nordlichter aus der Heimat. Wir schmettern ein fröhliches Moin, was nur mit einem Grunzen des männlichen Parts des Mitzwanzigerpärchens beantwortet wird.
Wir sind seit Albanien so viele so nette Reisende gewohnt gewesen, dass wir dieses „mit anderen redet man nicht“ fast vergessen hatten. Eine halbe Stunde sind wir zusammen auf der Wanderung, in der Kirche. Bloß nicht anschauen, nicht lächeln. Wir gewöhnen uns besser schonmal wieder daran.
Da uns Russe nicht gefällt, wir aber heute Abend noch nicht über die Grenze wollen, fahren wir zu einem Kloster, das, wie sich herausstellt, auch teils im Felsen hängt und noch offen ist. Das ist noch viel schöner als die Kirche zuvor. In den einzelnen Räumen sehen wir überall Zettel und Münzen in den Ritzen. Scheint wie bei der Klagemauer zu funktionieren. Der große Glockenturm in der Mitte ist neu gebaut, von einem Paar, das seine 18jährige Tochter verloren hat.


Einen Dame erlaubt uns über Nacht zu bleiben und am nächsten Morgen werden wir vom sekündlichen Türenschlagen geweckt. Gefühlt die ganze Stadt kommt hier raus, rennt in die Kirche, kommt mit Gestrüpp zurück und fährt weg. Nächster kommt. Es ist Palmsonntag. Selbst in der Stadt haben sie alle noch dieses Gestrüpp im Auto. Weihrauch? Griechischer Bergtee? Man weiß es nicht. Man weiß nur, es ist wichtig. Egal ob Diggerkarre, Tussicoupé oder Oma-Opa-Auto . Heute kommen sie alle her. Spannend.