Meine (Björn) Ommma (mit drei m) wird Hundert.
In meiner Familie nicht so ungewöhnlich.
Als ich geboren bin, hatte ich jede Menge Omas und Opas. Viele Ur-Omas und Uropas.
Das besondere an meiner Oma ist, dass sie seit ca 40 Jahren davon redet, „ dass sie das noch erleben dürfe“ und siehe da: So darf auch nun der Satz nicht fehlen und nun vielleicht endlich zurecht. Sie freut sich ehrlich und strahlt die ganze Zeit und sieht kein Jahr älter aus als …. ach – alles darunter.


Sie ist zwar manchmal tüddelig , vergisst manchmal, wer die ganzen Leute sind, die aus ihr hervorgegangen sind, aber sonst ist sie fit und seit sie ihr neues Zuhause fest im Griff hat, bin ich mir fast sicher, dass das nicht der letzte Geburtstag war. Im Garten ihres neuen Zuhauses kam die Familie zusammen. Auch ein Anlass, die (teils seit Jahrzehnten) nicht gesehenen Verwandten beim anschließenden Grillabend wiederzusehen. Neu kennenzulernen? … Irgendsowas.


Wir hätten selbst nie gedacht, dass wir zu diesem Zeitpunkt in Europa sind.
Doch da es so ist, mussten wir auch unbedingt hin: Wir sind dafür mit dem ICE um 4.30 von Hamburg nach Stuttgart aufgebrochen, der merkwürdige Orte anfuhr, die nicht auf der Strecke lagen, dafür wichtige Orte ausließ und unterwegs immer wieder Leute aufsammelte, weil andere ICE einfach aufgehört haben zu fahren. Für 17€ ok, für über 100€ wäre es ein Nogo.

Wenn einer der Schaffner beim Würfeln verlor, wurde die Strecke des Gewinners gefahren. So stellte sich das dar. Das ist auf jeden Fall wahrscheinlich, als dass sie ernsthaft von der monatelangen Sperrung zwischen Frankfurt und Mannheim erst auf der Fahrt erfahren haben…

Um den hundertsten Geburtstag meiner Oma herum leben wir mehrere Tage im rollenden Hotel Papa und nutzen die Tage für Ausflüge und um ein wenig in meinen Kindheitserinnerungen zu schwelgen. Ich bin früher als Kind bei meinen Omas hier gewesen (nein sie sind allesamt keine gebürtigen Schwaben, aber allesamt hierher geflohen).
Mama war Uptown Girl. Papa war Downtown Boy.


Stuttgart


Stuttgart hat diese Eigenart, sich über Jahrzehnte nicht zu verändern. Während ich Hamburg und Berlin teils nach Monaten nicht wiederkenne, scheint in Stuttgart alles noch genauso lieblos zu sein, wie eh und je (sorry Stuttgarter. Das erklärt evtl auch den Massenexodus nach Berlin). Es gibt zwar ganz nette Orte, aber eigentlich ist Stuttgart ein Netz von lauten Straßen mit kleinen Inseln, wo mal was ein wenig schöner ist.


Es kommen Erinnerungen auf. Hier die Weinberge, der Fernsehturm, die Wilhelma mit Oma, die Bundesgartenschau damals, der Schlossbrunnen in dem wir damals mit dem Hippiebus hin sind und gebadet haben (Desch isch verbotä!), das uralte Einkaufszentrum in Leinfelden, dass original noch immer da steht, als hätte ich gestern stolz meinen Basketball rausgetragen, den Omi viel zu teuer fand, die Wohnblöcke, in der meine ganze Familie wohnt, abgerissen, neu ersetzt und doch alles wie früher…


Immerhin hat das 9€ Ticket uns ermöglicht verschiedene Orte auszuprobieren, evtl mehr als in den Jahrzehnten zuvor und dennoch will die Begeisterung nicht überspringen. Die S Bahnen treiben mich in den Wahnsinn, fahren doch ganz andere Nummern als an den Bahnsteigen beschriftet sind. Für die „kurze Zeit“ von Stuttgart 21 wahrscheinlich.

Die einzige wirklich tolle Entdeckung machen wir im Bohnenviertel, wo wir eritreisch Essen gehen, nachdem wir die riesigen Platten mit lecker Pampe entdeckt haben. Solche kleinen Dinge gibt es sicher überall. Dass ich dennoch immer mal wieder vorbei komme, liegt natürlich an meiner Familie, an Oma, Tanten, Onkels, Cousinen und Cousins.